Wir haben das Gefühl, dass es keinen Abschluss oder keine Lösung gibt. Es liegt in der Natur des Menschen, sich ein Gefühl des Abschlusses zu wünschen. Wenn wir verletzt wurden, wünschen wir uns mindestens eine Entschuldigung von dem Menschen, der uns verletzt hat. Bleibt diese Entschuldigung aus, schwelt die Verletzung weiter.
Die direkte Konfrontation mit der Verletzung ist zu überwältigend. Das Erlebnis der Verletzung ist so traumatisch, dass wir eine erneute Auseinandersetzung fürchten. In dieser Situation entsteht jedoch häufig eine ungünstige Täter-Opfer-Situation, in der die Verletzten mit dem Finger auf den Menschen zeigen, der die Verletzung hervorgerufen hat. Die Schuld für alles danach folgende Elend wird bewusst oder unbewusst immer mit diesem Menschen in Verbindung gebracht. Auf energetischer Ebene dreht sich nun die Täter-Opfer-Situation um. Aus den Opfern werden Täter, da jede negative Energie auf den anderen Menschen übertragen wird. Der notwendige innere Frieden und die Vergebung können so nicht entstehen.
Loslassen gibt uns das Gefühl, „verloren“ zu haben. Das Loslassen der Ressentiments könnte sich anfühlen, als würde man kapitulieren und den anderen Menschen von der Angel lassen. Das Loslassen könnte sich in dem Fall sogar wie ein Eingeständnis anfühlen, weil wir erkennen, dass unsere emotionale Investition sinnlos oder eine Zeitverschwendung war.
Das Festhalten an Ressentiments verleiht Macht und Kontrolle. Das ständige Festhalten an Ressentiments kann ein falsches (und schmerzhaftes) Gefühl von Macht oder Kontrolle über die Situation oder den anderen Menschen vermitteln. Das Loslassen von Ressentiments könnte als Kontrollverlust angesehen werden.
Ressentiments dienen als Bewältigungsmechanismus. Ebenso könnte das Festhalten an Ressentiments auch als unbewusster Schutzmechanismus dienen, den wir eingerichtet haben, um uns vor zukünftigen Verletzungen zu schützen.
Drei Strategien, die helfen, Ressentiments loszulassen:
Die Ursachen lernen, zu verstehen. Wenn wir die Gründe identifizieren, die dazu führen, dass wir an Ressentiments festhalten, können wir diese gezielt verarbeiten. Wenn es sich bei den Ressentiments zum Beispiel um eine Form des Selbstschutzes handelt, können wir uns konkret damit befassen, was wir brauchen, um uns wieder sicherer zu fühlen und unsere Wachsamkeit aufgeben zu können.
Sich in Erwartungslosigkeit üben. In dem Moment, wo wir uns in Erwartungen flüchten, geben wir weder den anderen Menschen noch uns selbst frei. Wenn wir eine Entschuldigung oder eine Wertschätzung erwarten und sie nie bekommen, fängt die Verbitterung an. Besser wäre, wir üben uns in Erwartungslosigkeit. So werden wir frei, Unangenehmes gehen zu lassen und das, was positiv auf uns zukommt, mit offenem Herzen anzunehmen.
Dankbarkeit erlernen. Dankbar zu sein klingt einfach, erfordert aber im Fall der Ressentiments harte Arbeit an sich selbst. Es bedeutet nämlich, dass wir uns auch in Situationen, in denen wir verletzt wurden, fragen, welche positive Botschaft oder welches Lern- und Entwicklungspotenzial in dieser schmerzhaften Situation liegt. Haben wir die positive Botschaft für uns gefunden, können wir auf die Situation mit einem Gefühl von Dankbarkeit schauen, denn genau diese Situation hat uns ins persönliche Wachstum gebracht. Die Bilanzierung der unschönen Situationen im Leben fällt am Ende positiver aus und wir erkennen: In allem steckt eine Lernaufgabe – und daher hat alles immer auch einen höheren Sinn.