(© Melanie Vogel) „Auf die Dosis kommt es an.“ Diesen Satz haben wir wohl alle schon einmal gehört. Ausgesprochen hat ihn der Schweizer Arzt und Naturphilosoph Paracelsus (1493 bis 1541). Paracelsus zählte im 16. Jahrhundert zu den berühmtesten Ärzten Europas. 1527 wurde er zum Medizinprofessor und Stadtarzt von Basel ernannt – und damit auch als Dozent an die dortige Universität berufen. Dort lehrte er skandalöser Weise auf Deutsch, um das Heilwissen der Allgemeinheit zugänglich zu machen.
Paracelsus gilt heute als ein typischer Gelehrter der Renaissance. Getrieben von einem kritischen Forschergeist, bedacht darauf, sein Wissen nicht ausschließlich aus Büchern, sondern vor allem auf Basis eigener Beobachtungen zu erwerben, übte der offen Kritik an vielen damaligen Ärzten, Heilmethoden und Lehrmeinungen. Das verschaffte ihm erbitterte Feinde, viele Gerichtsprozesse und die ein oder andere Flucht aus einer Stadt, in der er sich als Heiler niedergelassen hatte. Die Folge war ein unstetes Wanderleben.
Die Besonderheit von Paracelsus Wirken war sein holistischer Ansatz über das entstehen von Krankheiten. Als einer der ersten versuchte er, Krankheiten nicht nur zu diagnostizieren, sondern er konzentrierte sich auch auf deren Entstehung und bemühte sich, neben Ursache und Diagnostik auch Verfahren der Therapie in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten. Dazu bezog er sowohl kosmische als auch seelische und psychische Faktoren mit ein.
Diese Gedanken findet man heute auch in der Salutogenese – dem Gegenstück zur Pathogenese. Während die meisten westlichen Mediziner versuchen zu heilen, was krank ist, geht die Salutogenese vom gegenteiligen Ansatz aus und fokussiert alle Bestrebungen darauf, gesund zu halten, was noch gesund ist, um über die Stärkung des Gesunden die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Paracelsus ging davon aus, dass Menschen einen Astralkörper haben, den er als Medium und Mittelwesen zwischen Körper und Geist und zwischen Erde und Gestirnen verstand. Heute lässt sich die „Aura“ – das körpereigene Energiefeld – zweifelsfrei messen. Man weiß heute sogar, dass das Herz ein deutlich größeres Energiefeld produziert als das Gehirn.
Für Paracelsus war der materielle Körper lediglich ein sichtbarer Teil, der gleichbedeutend neben dem nicht-sichtbaren energetischen Körper existierte. Beide Aspekte müssen, so war er sicher, in die Heilung einbezogen werden. Genauso wie die mentalen Aspekte bei der Heilung nicht unberücksichtigt bleiben sollten. Paracelsus war überzeugt: Wer durch stetige Arbeit an sich selbst eine „innere Umwandlung“ vollzieht, würde die Welt im Anschluss mit anderen Augen betrachten und sie „im Lichte der Natur“ sehen. Laut Paracelsus können falsche Gedanken mit übertriebener Angst und Sorge krankheitsauslösende Faktoren sein.
Paracelsus machte fünf Hauptarten von Krankheitseinflüssen (auch als Entia bezeichnete Krankheitssphären) für die Entstehung von Krankheiten verantwortlich:
- den kosmisch-klimatischen Einfluss der Gestirne (Ens astrorum oder Ens astrale),
- durch den Körper aufgenommenes Gift: Vergiftungen von innen, außen und eigentliche Vergiftungen (Ens veneni),
- Vorherbestimmung und Konstitution – auch mentale Konstitution (Ens naturale),
- Einfluss der „Geister“ bei psychisch verursachten Erkrankungen (Ens spirituale) – heute würden wir in dem Zusammenhang eher von energetischen Blockaden sprechen,
- unmittelbarer Einfluss Gottes bzw. göttliche Fügung (Ens deale oder Ens Die).
Nach Paracelsus lässt sich jede Krankheit auf eine oder mehrere dieser Ursachen zurückführen. So kann die Wirkung eines Giftes beispielsweise verstärkt werden, wenn es auf eine schwache Konstitution trifft. Zum Erstellen einer korrekten Diagnose muss der Arzt daher die Gesamtheit aller fünf Entia berücksichtigen.