Kognitive Reserve: sechs Eckpfeiler für mehr Gehirngesundheit

(© Melanie Vogel) Wir leben länger als je zuvor. Die menschliche Lebenserwartung ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. Mit dem Alter kommt nicht nur ein Reichtum an Erfahrung und Wissen, sondern zusätzlich nimmt das Risiko abnehmender Hirngesundheit zu. Laut WHO werden Alzheimer und andere Hirnerkrankungen irgendwann im Leben jeden fünften Menschen weltweit betreffen. Die gute Nachricht ist jedoch, dass abnehmende Hirngesundheit und kognitiver Verlust vermeidbar sind. Ausschlaggebend ist hier die sogenannte kognitive Reserve, die Fähigkeit des Gehirns, verschiedene neuronale Schädigungen, die durch Erkrankungen oder durch natürliche Alterungsprozesse entstanden sind, bewältigen und so wesentliche Hirnfunktionen erhalten zu können. In diesem Artikel erfahrt ihr, wie ihr eure eigene kognitive Reserve stärken und Gedächtnisverlust abpuffern könnt.

Forschungen haben gezeigt, dass sich das Gehirn als Reaktion auf die Anforderungen und Erfahrungen des Lebens ständig verändert und neu vernetzt – und dass es eine wunderbare Fähigkeit besitzt, sich zu verändern und neu zu erfinden, um schärfer, klarer und gesünder zu werden.

Man kann sich die kognitive Reserve als die Fähigkeit des Gehirns vorstellen, zu improvisieren und alternative Wege zu finden, um eine Aufgabe zu erledigen. Unser Gehirn ist extrem flexibel darin, Fähigkeiten und Kapazitäten zu nutzen, um Probleme zu lösen und Herausforderungen zu bewältigen.

Kognitive Reserve durch lebenslanges Lernen und Neugier

Das Konzept der kognitiven Reserve entstand Ende der 1980er Jahre, als Forscher Menschen beschrieben, die keine offensichtlichen Symptome einer Demenz zeigten, bei denen aber bei der Autopsie Hirnveränderungen festgestellt wurden, die mit fortgeschrittener Alzheimer-Krankheit übereinstimmten. Diese Menschen zeigten zu Lebzeiten keine Symptome der Krankheit, weil sie eine ausreichend große kognitive Reserve hatten, um die neuronalen Schäden ausgleichen zu können.

Seither haben Forschungen gezeigt, dass Menschen mit größerer kognitiver Reserve besser in der Lage sind, Symptome degenerativer Hirnveränderungen abzuwehren, die mit Demenz oder anderen Hirnerkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose oder einem Schlaganfall verbunden sind. Eine robustere kognitive Reserve kann auch helfen, länger zu funktionieren, wenn wir unerwarteten Lebensereignissen wie Stress, Operationen oder Umweltgiften ausgesetzt sind. Solche Umstände erfordern zusätzliche Anstrengungen von unserem Gehirn – ähnlich wie wenn ein Auto einen anderen Gang einlegen muss. Das Herzstück für Gehirngesundheit und kognitive Fitness besteht aus Änderungen des Lebensstils.

Harvard Medical School: 6 Eckpfeiler für ein effektives Programm zur Gehirngesundheit

  1. SCHRITT: Gehirngesunde Ernährung: Pflanzliche Lebensmittel können dem kognitiven Abbau vorbeugen.
  2. SCHRITT: Gehirngesunde Bewegung: Menschen, die körperlich aktiver sind, haben ein geringeres Demenzrisiko und schneiden bei Aufmerksamkeit, verbaler Flüssigkeit, verbalem Gedächtnis und anderen kognitiven Fähigkeiten besser ab.
  3. SCHRITT: Gehirngesunder Schlaf: Die richtige Menge an Schlaf ist für die Festigung des Langzeitgedächtnisses unerlässlich.
  4. SCHRITT: Gehirngesundes Stressmanagement: Chronischer Stress schädigt unser Gehirn schädigen und führt zu Gedächtnisproblemen.
  5. SCHRITT: Gehirngesunde Beziehungen: Gesunde Beziehungen sind für die Gehirngesundheit genauso wichtig wie körperliche Aktivität und gesunde Ernährung.
  6. SCHRITT: Gehirngesunde Herausforderungen: Studien zeigen, dass wir uns umso besser vor den nachteiligen Auswirkungen des Alterns schützen können, je mehr wir unser Gehirn stimulieren.

Fazit

Die Abbildung zeigt, dass Menschen mit einer hohen kognitiven Reserve erst zu einem viel späteren Zeitpunkt im Krankheitsprozess kognitive Veränderungen aufweisen, als Menschen mit einer tiefen kognitiven Reserve.

Diese sechs Faktoren zur Stärkung der kognitiven Reserve funktionieren allerdings nicht isoliert, d.h., es reicht nicht aus, einfach mehr Ballaststoffe zu essen oder einen Morgenspaziergang in unsere Tagesroutinen einzubauen, um den geistigen Abbau aufzuhalten. Stattdessen wirken Bewegung, Ernährung, Schlaf, Stressmanagement, soziale Interaktion und geistige Stimulation zusammen, um kognitive Reserven zu erarbeiten.


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