Wie glückliche Gehirne auf negative Dinge reagieren

(© Melanie Vogel) Stell dir vor: Du lässt beim Frühstück ein Glas fallen, steckst im Stau fest und wirst dann noch von deinem Chef wegen Verspätung angefahren. Herzlichen Glückwunsch – du hast einen richtig schlechten Morgen. So etwas passiert jedem einmal. Aber wie du auf solche Situationen reagierst, sagt eine Menge über dein Gehirn aus. Neue Erkenntnisse zeigen, wie das Gehirn – und insbesondere die Amygdala – funktioniert, und was glückliche Menschen auszeichnet: Sie nehmen das Schlechte mit dem Guten.

Menschen mit einer positiveren Einstellung können besser mit ihren Gefühlen umgehen als solche mit einer eher negativen Grundhaltung. Während die einen sich von unangenehmen Ereignissen weniger aus der Bahn werfen lassen, scheinen die anderen stark darunter zu leiden. Aber warum ist das so?

Sehen glückliche Menschen die Welt durch eine rosarote Brille?

Eine Theorie besagt, dass glückliche Menschen negative Dinge einfach ausblenden und sich nur auf das Positive konzentrieren. Eine andere Erklärung könnte sein, dass sie sich zwar der negativen Ereignisse bewusst sind, aber besser darin sind, die schönen Momente zu genießen und dadurch ihre Stimmung zu heben.

Diese Frage ist wichtig, weil sie dich dazu bringt, darüber nachzudenken, wie du dein eigenes Leben wahrnimmst: Ist es besser, die schlechten Dinge komplett zu ignorieren, oder solltest du lernen, das Gute zu sehen, ohne das Schlechte zu verdrängen?

Was macht die Amygdala?

Ein zentraler Punkt bei dieser Frage ist die Amygdala – eine kleine, mandelförmige Struktur in deinem Gehirn. Wissenschaftler dachten lange, dass die Amygdala vor allem auf potenzielle Bedrohungen reagiert. Tatsächlich wird sie mit Angst, Depressionen und Stress in Verbindung gebracht. Aber neue Forschungen zeigen, dass die Amygdala auch auf positive Reize reagiert – und dass sie sogar für Mitgefühl und menschliche Verbundenheit eine Rolle spielt.

Psychologen wie William Cunningham von der University of Toronto und Alexander Todorov von der Princeton University haben entdeckt, dass die glücklichsten Menschen Bedrohungen nicht ignorieren. Sie sind lediglich besser darin, auch die guten Dinge zu erkennen.

Die Balance zwischen Gutem und Schlechtem

In einer Studie zeigten Cunningham und sein Team ihren Probanden Bilder mit positiven, negativen und neutralen Motiven, während sie die Aktivität der Amygdala mittels fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) maßen. Die Ergebnisse: Negative Bilder lösten erwartungsgemäß Amygdala-Aktivität aus. Überraschenderweise reagierte die Amygdala auch auf positive Bilder – allerdings nur, wenn die Teilnehmer angewiesen wurden, sich bewusst auf das Positive zu konzentrieren.

Das bedeutet: Menschen neigen dazu, Bedrohungen automatisch wahrzunehmen – ein Überlebensinstinkt. Doch mit der richtigen Motivation kannst du dich darauf trainieren, auch das Gute bewusster wahrzunehmen.

Empathie und Glück

Eine weitere Studie zeigte, dass die Amygdala besonders aktiv wird, wenn Menschen andere in Not sehen – vor allem bei empathischen Personen. Das deutet darauf hin, dass wir eine Art „instinktives Mitgefühl“ besitzen, das uns dazu antreibt, anderen zu helfen. Dieses Verhalten könnte sogar unser eigenes Wohlbefinden steigern.

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass unsere ältesten Gehirnregionen nicht nur für egoistische oder unmoralische Handlungen verantwortlich sind, sondern auch für mitfühlendes, moralisches Verhalten, das unser Leben bereichert.

Glück bedeutet, das Gleichgewicht zu finden

Vielleicht fragst du dich jetzt: Macht es glückliche Menschen aus, dass sie das Negative einfach ignorieren? Die Antwort ist: Nein. In einer weiteren Studie fanden Cunningham und seine Kollegin Tabitha Kirkland heraus, dass glückliche Menschen sowohl auf positive als auch auf negative Reize gleichermaßen stark reagieren – sie blenden das Schlechte also nicht aus.

Das Fazit der Forscher: Glückliche Menschen sind nicht naiv oder blind gegenüber Negativem. Stattdessen erkennen sie die Realität, mit all ihren guten und schlechten Seiten, und finden darin eine Balance.

Was bedeutet das für dich?

Die Forschung zeigt, dass die Amygdala viel mehr ist als ein Angstzentrum. Sie ist auch ein Motor für Mitgefühl und Verbundenheit – und diese Eigenschaften können zu deinem eigenen Glück beitragen. Statt Negatives zu verdrängen, könntest du dich darauf konzentrieren, das Gute bewusst wahrzunehmen und gleichzeitig Mitgefühl für andere zu entwickeln.

Glück heißt nicht, die Augen vor dem Schlechten zu verschließen. Es bedeutet, das Leben mit all seinen Facetten anzunehmen – das Gute und das Schlechte.


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