Burnout: von den Anfängen bis heute

(© Melanie Vogel) Die geschichtliche Entwicklung des Begriffs “Burnout” lässt sich als eine kontinuierliche Erweiterung und Vertiefung des Verständnisses von Stress, Erschöpfung und psychischer Belastung im Arbeits- und Sozialkontext nachzeichnen. Der Begriff hat sich von einem eher informellen Ausdruck zu einem wichtigen Konzept in der Psychologie und Gesundheitsforschung entwickelt.

Frühe Anfänge (1930-er bis 1960-er Jahre)

Obwohl der Begriff “Burnout” selbst erst später geprägt wurde, existierten bereits vor den 1970er Jahren erste Konzepte, die auf ähnliche Symptome hinwiesen. Schon in den 1930er Jahren begannen Psychologen und Ärzte, die langfristigen Auswirkungen von Stress und emotionaler Belastung zu untersuchen. Frühere Begriffe wie „Erschöpfung“ oder „Überlastung“ wurden verwendet, um das Gefühl von Überforderung und Erschöpfung in arbeitsintensiven Berufen zu beschreiben.

Herbert Freudenberger und die Prägung des Begriffs (1970-er Jahre)

Der Begriff “Burnout” wurde in den 1970er Jahren populär, als der amerikanische Psychologe Herbert Freudenberger ihn erstmals verwendete. Freudenberger, der als einer der ersten den Begriff formal einführte, bezog sich auf die zunehmende Erschöpfung und den emotionalen Rückzug von Menschen in sozial ausgerichteten Berufen wie Ärzten, Therapeuten, Sozialarbeitern und Krankenschwestern. Er prägte den Begriff, um den Zustand zu beschreiben, in dem Menschen, die viel für andere tun, aufgrund von übermäßiger Belastung und chronischem Stress „ausgebrannt“ sind.

Freudenberger veröffentlichte 1974 ein Buch mit dem Titel „Burnout: The High Cost of High Achievement“, in dem er das Phänomen detailliert beschrieb und die Symptome von Burnout auflistete, darunter emotionale Erschöpfung, Zynismus und eine geringere Leistungsfähigkeit.

Christina Maslach und die wissenschaftliche Etablierung (1980-er Jahre)

In den 1980er Jahren trug die Psychologin Christina Maslach maßgeblich zur wissenschaftlichen Etablierung des Begriffs bei. Maslach definierte Burnout als ein dreidimensionales Konzept, das aus folgenden Aspekten besteht:

  • Emotionaler Erschöpfung: Ein Zustand der extremen Müdigkeit und des Ausgebranntseins.
  • Depersonalisation: Eine zunehmend negative, distanzierte Haltung gegenüber anderen, besonders den Menschen, mit denen man arbeitet (z. B. Klienten oder Patienten).
  • Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit: Das Gefühl, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht mehr in der Arbeit einsetzen zu können und das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen zu verlieren.

Ausweitung des Begriffs auf andere Bereiche (1990-er Jahre bis 2000-er Jahre)

In den 1990er Jahren erlangte Burnout zunehmend Aufmerksamkeit auch außerhalb des sozialen Sektors. Während zunächst vor allem Berufe mit direkter Menscheninteraktion betroffen waren, wie etwa im Gesundheitswesen und in sozialen Berufen, fand das Konzept nun auch Anwendung auf andere Arbeitsfelder, darunter Wirtschaft, Management und Bildung. Die Belastungen und der Stress in verschiedenen Berufen führten zu einer breiten Anerkennung des Begriffs und zu weiteren Forschungen.

Der Begriff “Burnout” fand zunehmend seinen Weg in die breitere Öffentlichkeit und in das allgemeine Gesundheitsbewusstsein. In dieser Zeit begannen auch Unternehmen, das Thema zu erkennen, und führten erste Programme zur Burnout-Prävention und Stressbewältigung ein. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit von psychischer Gesundheit und der Umgang mit Stress am Arbeitsplatz wuchs.

Burnout als gesellschaftliches Thema (2010-er Jahre bis heute)

In den 2010er Jahren erlebte der Begriff “Burnout” eine starke Medialisierung und wurde zu einem gesamtgesellschaftlichen Thema. Zunehmend mehr Menschen berichteten von den Auswirkungen von Burnout auf ihre Gesundheit und ihr Arbeitsleben. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer stieg und machte das Thema zu einem wichtigen Punkt der öffentlichen Diskussion, besonders in der westlichen Welt.

Im Jahr 2019 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Burnout offiziell als „berufliche Krankheit“. In der Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) wurde Burnout als „Zustand der Erschöpfung aufgrund chronischen Arbeitsstresses“ aufgenommen, was die Anerkennung des Problems auf internationaler Ebene verstärkte. Dieser Schritt machte deutlich, dass Burnout nicht nur eine persönliche Schwäche darstellt, sondern ein ernstes gesundheitliches Problem, das die Lebensqualität beeinträchtigt.

In dieser Zeit wurde Burnout zunehmend nicht nur als individuelles Problem verstanden, sondern als gesellschaftliche und strukturelle Herausforderung, die sowohl von der Arbeitswelt als auch von der Gesundheitsvorsorge adressiert werden muss. Es entstanden präventive Programme und Initiativen in Unternehmen, die versuchen, Burnout durch eine gesunde Arbeitskultur und effektive Stressbewältigungsmaßnahmen zu verhindern.

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Heute wird Burnout als ein multidimensionales Problem betrachtet, das sowohl die individuelle als auch die gesellschaftliche Ebene betrifft. Die Forschung konzentriert sich nicht nur auf die Ursachen und Symptome von Burnout, sondern auch auf präventive Maßnahmen und Strategien zur Förderung der Resilienz. Dabei spielen nicht nur individuelle Aspekte, wie Achtsamkeit und Stressmanagement, eine Rolle, sondern auch strukturelle Veränderungen in der Arbeitswelt, wie flexiblere Arbeitszeiten und bessere Arbeitsbedingungen.

Burnout ist mittlerweile ein anerkanntes gesundheitspolitisches Thema, das Unternehmen, Organisationen und auch Regierungen dazu aufruft, effektive Präventionsstrategien zu entwickeln.

Fazit

Die Entwicklung des Begriffs Burnout von seiner ersten Prägung durch Freudenberger in den 1970er Jahren bis hin zur breiten gesellschaftlichen Diskussion in den letzten Jahrzehnten zeigt, wie sich unser Verständnis von Stress, Arbeit und psychischer Gesundheit weiterentwickelt hat. Burnout hat sich von einem theoretischen Konzept zu einer ernstzunehmenden Gesundheitsproblematik entwickelt, die sowohl individuelle als auch strukturelle Lösungen erfordert.


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